Sonntag, 18. Mai 2014

Irrealis

In der deutschen Umgangssprache sind etliche Vereinfachungen üblich geworden. Hier ist ein Beispiel für eine Strukturneuerung, über die selten diskutiert wird.

Die Formulierung von Möglichkeiten, die nicht stattfinden (Irrealis), hat sich zwar in der gesprochenen und geschriebenen Sprache verändert, wird aber nicht deutlich als parallele Bildungsform dargestellt

Es handelt sich um die Benutzung des Konjunktiv II in Konditionalsätzen der Gegenwart:
Gemäß der Schulgrammatik sollte Haupt- und Nebensatz im Konjunktiv stehen.
Die neue deutsche Sprachpraxis setzt jedoch nur noch den Hauptsatz in den Konjunktiv:

Alte Schulgrammatik: "es wäre schön, wenn du kämest" (6 Google-Treffer)
Schulgrammatik: "es wäre schön, wenn du kommen würdest." (14 400 Google-Treffer)
Sprachpraxis: "es wäre schön, wenn du kommst." (897 000 Google-Treffer)

Sogar die deutsche Welle zitiert: "Wir haben inszeniert, was passieren würde, wenn man wirklich hilft"

Durch diese Neuerung wird der Sinn nicht doppeldeutig oder unklarer.
Man kann sich bei der Formulierung viel Denkarbeit sparen und somit effizienter sprechen.
Außerdem ist der Satz kürzer und somit schneller zu erfassen.
Insbesondere Deutsch Lernende und Schulkinder können von einer Einschränkung der Komplexität profitieren und sollten diese Struktur als Wahlmöglichkeit erlernen.
Die Umschreibung des Konjunktivs durch "würde" ist ein anderes Thema, ebenfalls die Ersetzung des Futurs durch das Präsens.

Auch in anderen europäischen Umgangssprachen kann man eine Tendenz zur Vereinfachung beobachten.

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